Ich baue Häuser in die müden Sitzmuster des Zuges und ernte Trauben aus dem Gleiten der vorüberziehenden Felder hinter den schwefligen Fenstern. Das Abteil ist im Sonnengebet. Die Fahrgäste sind mit den Vögeln gezogen. Allesamt. Samtene Leere um den Traum meiner Wörter von gelbem Papier mit Apfelgeruch. Kerstin Fischer
Monatsarchiv:Juli 2021
Kyung. Eva Maria Leuenberger
„Dicteé“, daran hatte sich Eva Maria Leuenberger, die mit dem lyrischen Ich wohl gleichzusetzen ist, infiziert. Dictée ist ein „palimpsest einer fragmentierten identität“ und das einzige Buch der koreanischstämmigen, feministischen Avantgardekünsterlerin Theresa Hak Kyung Cha. Es handelt von „Identität“, „Macht“ und „Sprache“, wie den Anmerkungen Eva Maria Leuenbergers zu entnehmen ist. Der Tod Chas, die„Kyung. Eva Maria Leuenberger“ weiterlesen
Wartend
Ich laufe durch das Karree des Sommers und ziehe an der Zigarette aus Herbst auf den Fluren der Klinik. Aus metallischen Mündern fallen stumm Brote in meine wachsamen, zedernhellen Hände, die in Muttersprache schreiben. Gewässertes Wort. Am Fenster pickt die Amsel die Zeit aus den Rahmen. Ich gehe ein Stück mit ihr und falle in„Wartend“ weiterlesen
Sonnenwenden. Ágnes Nemes Nagy
Die Verse der ungarischen Lyrikerin Ágnes Nemes Nagy ( 1922-1991) schillern wie Seeraupen, sind unterwürfig, ohne erlegen zu sein, weiden sich, perlen, stürzen Täler hinab und vibrieren unter der Waghalsigkeit, sich einem Gott zu nähern wie in dem Zyklus „ Aus Echnatons Aufzeichnungen“: „Etwas müsste ich doch / gegen die Qual tun. / Einen Gott„Sonnenwenden. Ágnes Nemes Nagy“ weiterlesen
Magma
Der kommende Schnee bricht meinen Körper. Die schwarzen Vögel in den einsamen Fenstern traue ich mir zu und die Scherben von Stimmen auf spiegelblanken Fluren. Das Haus ist abgerissen für die Dauer eines Traums. Sechs Wochen lang in fremdem Quartier. Die Ruhe aus Blech liegt über der orangen Decke. Ich zeichne den Wintergarten in das„Magma“ weiterlesen
Davor
Aus dem Ende fließt Licht in meine Hand, fließt wie Milch über meine wunden Knochen, die auf Venedig warten. Ich gehe entlang des Zauns. Magerer Himmel fällt auf mein Gesicht. Ich ziehe meinen Karren Glück über die Schulter der Erde. Im Zimmer der Mutter ist die Totenmaske noch Mohnblüte – dein weißer, harter Gesang …„Davor“ weiterlesen
Einmal hatten wir schwarze Löcher gezählt. Raoul Eisele
Die Gedichte von Raoul Eisele sind zarte Libellenflügel, die sich durch das feine Geäst der Innenreiche der Geliebten des lyrischen Ichs bewegen. Dennoch, sie bleiben auf dem Weg zu „mon amour“, mit dem verborgenen Wissen, dass man den anderen weder begrenzen noch ganz erreichen kann. Alles bleibt somit grazile Annäherung an den absoluten Moment mit„Einmal hatten wir schwarze Löcher gezählt. Raoul Eisele“ weiterlesen